
Reise Blog
Geheimes Wissen aus dem Regenwald
Medikamente gegen Krebs, gesunde Nahrungsmittel, kostbare Duftstoffe – all das verheißt uns der Dschungel. Doch während wir gerade erst anfangen, diesen Reichtum zu erforschen, zerstören wir durch Raubbau, was uns nützen könnte.
Ich kann die Rückseite des Mondes sehen. Jedes Blatt im Dschungel von Peru ist mit Diamanten behängt. Ich denke mit drei Gehirnen zugleich: Eines verbindet mich telepathisch mit meiner Frau, 11.000 Kilometer weit weg in Deutschland. Während es hier auf der Waldlichtung auf Mitternacht zugeht, sehe ich sie wegen der Zeitverschiebung schon beim Morgenkaffee. Wir zwinkern uns zu.
Mit dem zweiten Gehirn horche ich auf das Weinen und Jammern der Frauen und Männer, die um mich herum im Busch liegen, bettreut von einem einheimischen curandero und seinen Helferinnen. Und mein drittes Gehirn formuliert bereits, was ich über diese Erfahrung schreiben werde. Ich fühle mich sauwohl. Ich entdecke soeben ein Geheimnis des Regenwalds, die Wirkung einer pflanzlichen Droge, mit der Heilkundige seit 3.000 Jahren Ängste, Sorgen und psychisch bedingte Krankheiten kurieren.
Ich habe Ayahuasca probiert. Dieser leicht nach Lakritze schmeckende Sud wird aus zwei Pflanzen gebraut: Die eine, einen Strauch, nennen Botaniker Psychotria viridis, die andere, eine Liane, Banisteriopsis caapi. Die Mischung erzeugt nicht nur Halluzinationen, sie wirkt auch als Wahrheitsdroge. Curanderos geben sie ihren Klienten zu trinken, um den seelischen Ursachen ihrer Krankheiten auf die Spur zu kommen. Alles, was einen quält, privat oder im Beruf, kommt dann raus, ununterdrückbar. Einige der Menschen, mit denen ich hier bin, um etwas über Naturmedizin zu lernen, wiegen sich schluchzend wie Kinder in den Armen der Betreuerinnen. Ich selber, erzählt man mir später, soll fröhlich den Mond angegrinst haben.